Um ihre Sichtbarkeit im Netz zu fördern, greifen Gewerbetreibende regelmäßig auf Onlineplattformen wie Suchmaschinen, Vergleichsportale oder andere Portale, die es ihnen ermöglichen, Waren und Dienstleistungen an Verbraucher anzubieten, zurück. Nicht selten empfinden Unternehmen dabei eine gewisse Abhängigkeit von den großen Plattformanbietern, wie Google, Amazon, eBay und Co. Um das daraus entstehende Machtgefälle möglichst auszugleichen, hat das Europäische Parlament im Juni 2019 die Verordnung zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten – oder kurz die P2B-VO – erlassen, welche ab dem 12. Juli 2020 unmittelbar in jedem EU-Mitgliedsstaat Anwendung finden wird. Für Anbieter von Online-Suchmaschinen und Online-Vermittlungsdiensten werden sich dadurch einige erhebliche Neuerungen ergeben.

Wer ist betroffen?

Betroffen sind von den Regelungen der P2B-VO Online-Vermittlungsdiensten und Online-Suchmaschinen, die ihre Dienste an gewerbliche Nutzer mit einer Niederlassung in der Europäischen Union richten, welche über diese Dienste wiederum Waren oder Dienstleistungen an in der Europäischen Union befindliche Verbraucher anbieten. Damit betrifft die P2B-VO verschiedenste Onlineplattformen, wie z.B. Portale zur Wohnungssuche, zum Preisvergleich, für Stellenausschreibungen, zur Flug- oder Hotelbuchung, Suchmaschinen, Online-Marktplätze, App Stores oder auch soziale Netzwerke.

Was wird geregelt?

Die Regelungen der P2B-VO beziehen sich primär auf Online-Vermittlungsdienste, während für Online-Suchmaschinen nur vereinzelt Regelungen getroffen werden.

Im Mittelpunkt der P2B-VO stehen dabei die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Anbietern von Online-Vermittlungsdiensten. Diese müssen nach den Regeln der P2B-VO klar und verständlich formuliert und für den Nutzer jederzeit verfügbar sein. Insofern hebt sich die P2B-VO nicht von den aktuellen Regelungen des BGB ab.

Darüber hinaus enthält die P2B-VO aber auch inhaltliche Regelungen für AGB. So müssen die AGB von Anbietern von Online-Vermittlungsdiensten unter anderem die nachfolgenden Inhalte bzw. Informationen aufweisen:

  • die Gründe, bei deren Vorliegen der Anbieter des OnlineVermittlungsdienstes entscheiden kann, die Bereitstellung des Dienstes für gewerbliche Nutzer vollständig oder teilweise auszusetzen oder zu beenden;
  • Informationen über zusätzliche Vertriebskanäle oder etwaige Partnerprogramme, über die der Anbieter des OnlineVermittlungsdienstes die vom Nutzer angebotenen Waren und Dienstleistungen vermarkten kann;
  • allgemeine Informationen zu den Auswirkungen der AGB auf die Inhaberschaft und die Kontrolle von Rechten des geistigen Eigentums gewerblicher Nutzer;
  • sofern Verbrauchern über den OnlineVermittlungsdienst Nebenwaren und Nebendienstleistungen angeboten werden, eine Beschreibung der Art der angebotenen Nebenwaren und

Nebendienstleistungen und Angaben dazu, ob und unter welchen Bedingungen der gewerbliche Nutzer ebenfalls berechtigt ist, seine eigenen Nebenwaren und Nebendienstleistungen anzubieten;

  • Informationen zum Zugang des gewerblichen Nutzers sowie des Anbieters selbst zu personenbezogenen oder sonstigen Daten, die vom gewerblichen Nutzer oder von Verbrauchern für die betreffenden Dienste zur Verfügung gestellt werden;
  • Gründe für Einschränkungen von gewerblichen Nutzern, Verbrauchern dieselben Waren und Dienstleistungen zu anderen Bedingungen auf anderem Wege anzubieten.

Neben diesen inhaltlichen Vorgaben, räumt die P2B-VO den Anbietern von Online-Vermittlungsdiensten Rechte zur Änderung der AGB ein, die stellenweise über die aus dem AGB-Recht des BGB bekannten Möglichkeiten hinausgehen. So dürfen die AGB zwar grundsätzlich nicht rückwirkend geändert werden (außer dies erfolgt zum Vorteil des Nutzers oder zur Erfüllung einer gesetzlichen oder behördlich angeordneten Verpflichtung), eine zukünftige Änderung der AGB ist dem Anbieter des Online-Vermittlungsdienstes jedoch nach rechtzeitiger Information des Nutzers (mindestens 15 Tage im Voraus, im Einzelfall auch länger) möglich. Dem Nutzer steht allerdings nach der Information bis zum Inkrafttreten der Änderung ein Recht zur Kündigung zu.

Weitere Regelungen

Neben den allgemeinen Vorgaben zu der Ausgestaltung der AGB finden sich in der P2B-VO weitere Verpflichtungen für die Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten oder Online-Suchmaschinen.

So müssen Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten beispielsweise ein internes System für die Bearbeitung von Beschwerden gewerblicher Nutzer einrichten. Dieses Beschwerdemanagementsystem muss für die Nutzer kostenlos und leicht zugänglich sein. Der Anbieter ist Verpflichtet, das System regelmäßig hinsichtlich seiner Wirksamkeit auszuwerten und die Ergebnisse der Auswertung öffentlich verfügbar zu machen. Weiterhin sind Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten verpflichtet, sich nach Treu und Glauben an allen Mediationsversuchen von gewerblichen Nutzern zu beteiligen. Daher müssen die Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten zwei oder mehr Mediatoren für eine potentielle Streitbeilegung in ihren AGB benennen.

Anbieter von Plattformen, die Rankings (die Listung der Angebote gewerblicher Nutzer, deren Reihenfolge und Darstellung der Anbieter der Plattform selbst festlegt) enthalten, sind verpflichtet, die bestimmenden Hauptparameter der Rankings darzustellen und im Falle von Anbietern von Online-Vermittlungsdiensten, diese auch in den AGB nachvollziehbar wiederzugeben. Weiterhin müssen die Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten und Online-Suchmaschinen offenlegen, in welchem Maß und Umfang sie eigene Angebote gegenüber den Angeboten der gewerblichen Nutzer differenziert behandeln. Anbieter von Online Vermittlungsdiensten müssen auch diesbezüglich entsprechende Ausführungen in ihre AGB aufnehmen.

Sanktionen

Die P2B-VO sieht selbst keine Sanktionsmaßnahmen vor. Vielmehr weist die Verordnung selbst darauf hin, dass die Mitgliedstaaten selbst für eine angemessene und wirksame Durchsetzung der Verordnung zu sorgen haben, indem sie Vorschriften über Maßnahmen erlassen die bei Verstößen gegen die P2B-VO anwendbar sind. Diese Maßnahmen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Welche konkreten Konsequenzen bei Verstößen gegen die P2B-VO tatsächlich eintreten werden, ist mithin noch unklar.

Fazit

Da die P2B-VO ab dem 12. Juli 2020 in allen Mitgliedstaaten unmittelbar Anwendung findet, empfehlen wir Anbietern von Online-Vermittlungsdiensten und Online-Suchmaschinen, diese nicht zu unterschätzen und möglichst rechtzeitig mit der Umsetzung der neuen Vorgaben zu beginnen. Vor allem Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten sollten ihre AGB prüfen und gegebenenfalls überarbeiten. Zwar sind aktuell die Sanktionsmaßnahmen, die bei Verstößen gegen die P2B-VO drohen noch unklar, jedoch werden AGB-Klauseln, die nicht den Anforderungen der P2B-VO entsprechen ab dem 12. Juli 2020 als unwirksam betrachtet werden müssen und eine Angriffsfläche für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen bieten.