Nach den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes darf die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 48 Stunden nicht überschreiten. Diese Grenze bezieht sich nicht auf ein einzelnes Arbeitsverhältnis, sondern auf den jeweiligen Arbeitnehmer mit allen seinen (Neben-) Beschäftigungsverhältnissen.

Daraus folgt, dass das Arbeitsverhältnis, mit dem die 48-Stunden-Grenze überschritten wird, gegen die gesetzlichen Vorgaben verstößt. Rechtsfolge ist zum einen die Unwirksamkeit des betreffenden Arbeitsvertrags. Zum anderen drohen aber auch ordnungswidrigkeitsrechtliche und sogar strafrechtliche Konsequenzen.

Arbeitgeber sollten daher künftige Mitarbeiter vor Abschluss eines Arbeitsvertrags nach etwaig bestehenden Beschäftigungsverhältnissen befragen und die vertraglichen Arbeitszeitvorgaben entsprechend gestalten.

Das illustriert eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg, die wir im Folgenden vorstellen:

I.    Sachverhalt

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg hatte sich im Mai 2020 mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Arbeitsvertrag aufgrund Verstoßes gegen die Höchstarbeitszeit nach § 3 Arbeitszeitgesetzes i.V.m. § 134 BGB nichtig ist (Urteil vom 19.05.2020 – 7 Sa 11/19). Die Besonderheit bestand darin, dass der Arbeitnehmer zwei Arbeitsverhältnisse parallel hatte. 

1. Arbeitsverhältnis: Der klagende Arbeitnehmer vereinbarte für seine Position des (stellvertretenden) Wasserwarts mit dem beklagten Arbeitgeber eine jährliche Arbeitszeit im Umfang von 726 Stunden bzw. eine monatliche Arbeitszeit von 60,5 Stunden. Der klagende Arbeitnehmer sollte seine konkrete Arbeitszeit eigenverantwortlich festlegen. In Eil- und Notfällen sollte er sich über ein Mobiltelefon auf Abruf einsatzbereit halten. Durch derartige Eil- und Notfälle erbrachte der Arbeitnehmer etwa 300 Stunden pro Jahr mehr als die anvisierten 726 Stunden pro Jahr.

2. Arbeitsverhältnis: Daneben war der Arbeitnehmer bei einem anderen Unternehmen zuletzt im Umfang von 40 Stunden pro Woche sowie im streitgegenständlichen Zeitraum im Umfang von 39,5 Stunden pro Woche beschäftigt.

Der beklagte Arbeitgeber teilte dem Arbeitnehmer im April 2018 mit, dass 

  • statt der ursprünglich vereinbarten 60,5 Stunden nunmehr nur noch 40 Stunden pro Monat abgerufen werden könnten, 
  • der Arbeitnehmer die gestiegenen Anforderungen des Vereines aufgrund der zwischenzeitlich gestiegenen Mindestqualifikation nicht mehr erfüllen könne und 
  • im Übrigen der Arbeitsvertrag „wegen Überschreitung der zulässigen wöchentlichen Höchstarbeitszeit“ nichtig sei.

II.    Entscheidung 

Das LAG Nürnberg hat die Höchstgrenze von durchschnittlich 48 Stunden pro Woche nach § 3 des ArbZG als Maßstab angelegt. Aber Achtung (!) - das LAG hat hier die Arbeitszeiten der beiden Arbeitgeber nach § 2 Abs. 1 S.1, 2. Halbsatz des Arbeitszeitgesetzes zusammengerechnet. Für die Frage des Verstoßes gegen das öffentlich-rechtlich Arbeitsschutzrecht, hier gegen § 3 ArbZG, durch den beklagten Arbeitgeber waren daher beide Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen.

Das LAG errechnete daher die vertraglich vereinbarte Gesamtarbeitszeit des Klägers wie folgt: 

   39,5 Wochenstunden im Hauptarbeitsverhältnis 
+ 13,96 Wochenstunden im Nebenjob bei der Beklagten 
= 53,46 Stunden

Dadurch wurde die zulässige wöchentliche Arbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden pro Woche dauerhaft überschritten. Dies ist unstreitig im Rahmen eines einzelnen Arbeitsverhältnisses unzulässig. Erfolgt die Überschreitung nicht nur aufgrund eines Vertrages, sondern aufgrund mehrerer Arbeitsverträge gilt hinsichtlich der Frage der Nichtigkeit des Vertragsverhältnisses das Prioritätsprinzip. Nach BAG bedeutet dies, „(…) dass der zeitlich gesehen zuletzt abgeschlossene Arbeitsvertrag nichtig ist, der zur Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit führt.“

Auch bestand nach Auffassung des LAG kein Raum für eine Teilwirksamkeit des Vertrages:

  • Überschreitet ein Einzelarbeitsvertrag die gesetzliche Höchstgrenze hinsichtlich der Arbeitszeit, ist der Vertrag nur hinsichtlich der vereinbarten Überschreitung der Arbeitszeit unwirksam.
  • Überschreitet bei zwei Arbeitsverträgen der zeitlich nachfolgend abgeschlossene Vertrag die gesetzliche Höchstgrenze hinsichtlich der Arbeitszeit, kann keine Teilwirksamkeit angenommen werden. Denn eine Aufspaltung in einen unwirksamen und einen weiterhin wirksamen Teil kommt nur dann in Betracht, wenn die Vertragsparteien –hypothetisch – bei Kenntnis der teilweisen Rechtswidrigkeit ihrer vertraglichen Vereinbarung, eine Regelung getroffen hätten, die sich auf das Ausschöpfen des zulässigen gesetzlichen Arbeitszeitrahmens beschränkt. 

Im zu entscheidenden Fall war für das LAG nicht eindeutig feststellbar, ob und welchen Arbeitsvertrag der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer abgeschlossen hätte, wenn der Arbeitgeber um die Rechtswidrigkeit der vereinbarten Arbeitszeitregelung gewusst hätte. Demnach kann sich kein eindeutiger und übereinstimmender, zumindest hypothetischer Parteiwille der Vertragsparteien ermitteln lassen, sodass keine Teilwirksamkeit in Betracht kommt. Dies führte zur Gesamtnichtigkeit des Arbeitsvertrages.

III.    Praxishinweis

Es kommt nicht selten vor, dass ein Arbeitnehmer mehrere Beschäftigungsverhältnisse innehat. Als Arbeitgeber sollte man daher darauf achten, dass die Frage der „Nebenbeschäftigung“ nicht untergeht. Die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes gelten „arbeitnehmerbezogen“ und gerade nicht pro Arbeitsverhältnis. Wenn eine Nebenbeschäftigung bekannt ist, sollte der Arbeitgeber verdeutlichen, dass er den Arbeitnehmer nur im Rahmen der zulässigen Höchstgrenze beschäftigen möchte. Allgemein gilt, dass Verstöße gegen § 3 ArbZG (Höchstarbeitszeit) als Ordnungswidrigkeit oder sogar als Straftat geahndet werden können. Die Ordnungswidrigkeit kann eine Geldbuße bis zu 15.000,00 € nach sich ziehen. War der Arbeitnehmer infolge von Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage, seinen Urlaub im laufenden Arbeitsverhältnis zu nehmen, muss dieser regelmäßig – trotz Nichtigkeit – abgegolten werden. Diese Nichtigkeitsrechtfolge stellt eine Besonderheit im Arbeitsrecht dar.