Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) wird voraussichtlich Mitte Mai 2023 in Kraft treten. Bereits zum 17. Dezember 2021 hätte die Richtlinie (EU) 2019/1937 vom 23. Oktober 2019 über den Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, auch bekannt als die Whistleblower-Richtlinie, in nationales Recht umgesetzt werden müssen.

Nach langen Verzögerungen befindet sich der Gesetzesentwurf nun beim Bundesrat. Nachdem ihn der Bundestag in seiner zweiten und dritten Lesung am 21. Dezember 2022 beschlossen hat, befasst sich der Bundesrat damit voraussichtlich am 10. Februar 2023. Nach seiner Zustimmung wird der Entwurf als Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet und ist damit geltendes Recht.

Ziel des Gesetzes ist es zunächst, hinweisgebende Personen vor Repressalien, wie einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses, zu schützen. Darüber hinaus soll aber auch der Schutz von Personen gewährleistet werden, die von unzutreffenden Hinweisen betroffen sind.

Der Anwendungsbereich

Persönlicher Anwendungsbereich: Das Gesetz gilt für alle Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt und diese den nach dem Gesetz vorgesehenen Meldestellen angezeigt oder in zulässiger Weise offengelegt haben. Das können neben Arbeitnehmern auch Selbstständige, Freiwillige oder Organmitglieder von Gesellschaften sein. Damit eine hinweisgebende Person Anspruch auf Schutz hat, ist zudem notwendig, dass die Person hinreichenden Grund zur Annahme hatte, dass die Information der Wahrheit entspricht und unter den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes fällt.

Sachlicher Anwendungsbereich: Der sachliche Anwendungsbereich des HinSchG geht weit über die EU-Richtlinie hinaus, die lediglich die Meldung von Verstößen gegen das Unionsrecht unter Schutz stellt. Das HinSchG gilt hingegen für die Meldung und Offenlegung von Informationen über:

  • strafbewehrte Verstöße
  • bußgeldbewehrte Verstöße, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient und
  • Verstöße gegen zahlreiche weitere, in § 2 Ziffer 3 HinSchG näher benannte Rechtsbereiche

Wichtigste Regelungen

Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen: Unternehmen mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten müssen eine interne Meldestelle einrichten, an die sich hinweisgebende Personen wenden können. Für Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten gilt hierfür eine Übergangsfrist bis zum 17. Dezember 2023. Die Meldestelle kann durch eigene Mitarbeiter oder Dritte betrieben werden.

Private Unternehmen mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten können zudem eine gemeinsame Meldestelle einrichten und betreiben. Darüber hinaus gibt es für Konzerne eine pragmatische Lösung: Eine bei einer anderen Konzerngesellschaft eingerichtete unabhängige Meldestelle kann für mehrere selbstständige Konzernunternehmen als ein die Meldestelle betreibender „Dritter“ verstanden werden.

Beachtet werden muss aber: Auch bei einer Auslagerung der Meldestellen bleibt die Verantwortung für das Ergreifen notwendiger Maßnahmen bei dem jeweiligen Unternehmen. Zudem muss gewährleistet sein, dass die mit den Aufgaben einer internen Meldestelle beauftragten Personen unabhängig agieren und über die erforderliche Fachkunde verfügen.

Externe Meldestellen: Zudem werden auf staatlicher Ebene externe Meldestellen eingerichtet, so zum Beispiel beim Bundesamt der Justiz oder beim Bundeskartellamt.

Hinweisgeber haben ein Wahlrecht, ob sie sich an die interne oder eine externe Meldestelle richten, wobei Anreize dafür geschaffen werden sollen, dass sich Hinweisgeber zunächst an die internen Meldestellen wenden.

Meldungen können über einen von den Meldestellen eingerichteten Meldekanal abgegeben werden, der die Meldung sowohl in mündlicher als auch in Textform ermöglichen muss. Entgegen dem ursprünglichen Entwurf müssen die Meldestellen auch anonym eingehende Meldungen entgegennehmen und bearbeiten, dies aber erst ab dem 01. Januar 2025.

Für die Prüfung und Bearbeitung der Meldungen gelten bestimmte Fristen (insbesondere Rückmeldefristen). Die Meldestellen müssen zudem geeignete Folgemaßnahmen vornehmen, wie interne Untersuchungen oder die Verweisung an andere zuständige Stellen. Ergreift die externe Meldestelle nach Eingang eines Hinweises nicht (oder nicht fristgerecht) geeignete Folgemaßnahmen, darf der Hinweisgeber die Informationen unter bestimmten Vorgaben offenlegen.

Zum Schutz der Hinweisgeber sieht das Gesetz unter anderem das Verbot von Repressalien vor, also potenziell nachteiligen Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, sowie Schadensersatz nach erfolgten Repressalien. Geschützt werden auch die vom Hinweis Betroffenen: Ihnen steht bei einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschmeldung ein Schadensersatzanspruch zu, auch besteht die Möglichkeit eines Bußgeldes.

Fazit

Betroffene Unternehmen sollten sich rechtzeitig darum kümmern, dass interne Meldestellen eingerichtet werden. Andernfalls drohen (nach Verabschiedung des Gesetzes) Bußgelder bis zu 100.000 Euro. Die Existenz und die Verfahrensweise der Meldestellen sollten gegenüber der Belegschaft kommuniziert werden, damit sie bei Bedarf ohne Hürden in Anspruch genommen werden können.