Kann ein Arbeitnehmer auf Druck der Belegschaft entlassen werden? Ist gesetzlicher Mindesturlaub verzichtbar? Wann müssen Ausbildungskosten zurückgezahlt werden? Und wo beginnt Altersdiskriminierung im Bewerbungsprozess? Wissenswertes zu fünf aktuellen Urteilen erfuhren die Zuhörer beim 41. „MOOG Update Arbeitsrecht“. Im erneut als Webinar konzipierten Treffen gaben die beiden MOOG-Rechtsanwältinnen mit Schwerpunkt Arbeitsrecht, Carina Abrolat und Franziska Langer, auch ein Update in Sachen Mutterschutz.
Einem Arbeitnehmer kann im Sinne einer „Druckkündigung“ auf Wunsch der Belegschaft erst dann gekündigt werden, wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Maßnahmen zur Deeskalation ergriffen, sich schützend vor ihn gestellt hat und ihm selbst schwere wirtschaftliche Schäden drohen. „Für eine echte Druckkündigung gibt es keinen verhaltens- oder personenbedingten Kündigungsgrund, sondern lediglich den vorhandenen Druck aus der Belegschaft“, erläuterte Carina Abrolat ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen, das im zugrunde liegenden Fall alle drei Voraussetzungen nicht gegeben sah.
Auf den Rest seines gesetzlichen Mindesturlaubs kann ein Arbeitnehmer bei der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nur dann verzichten, wenn die Vereinbarung nach dem Termin der Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffen wird. Denn der dann entstandene Abgeltungsanspruch ist dispositiv. Vor dem Beendigungstermin ist ein Verzicht nicht möglich: Ein erkrankter Arbeitnehmer hatte bei einem gerichtlichen Vergleich vor dem Beendigungstermin der Gewährung seiner Urlaubsansprüche „in natura“ zugestimmt, später aber die Auszahlung des Urlaubs verlangt. Mit Recht, so das BAG, da feststand, dass er den Urlaub bis zum Beendigungstermin aufgrund der Krankheit tatsächlich nicht nehmen konnte. Da keine Unsicherheit hierüber bestand, lag auch kein Tatsachenvergleich vor, der grundsätzlich auch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses möglich ist. Abrolat: „Bei einem Vergleich vor dem Beendigungstermin raten wir, wenn möglich, den Urlaub durch Freistellung aufzubrauchen oder die Abfindung zu verringern und den Urlaub auszuzahlen – jedoch mit einer ausdrücklichen Regelung im Vertrag.“
Eine generelle Klausel in der Fortbildungsvereinbarung ist unwirksam, wenn sie Mitarbeitende zur Rückzahlung von Fortbildungskosten verpflichtet, sollten sie das Unternehmen „auf eigenen Wunsch“ verlassen. „Die Formulierung benachteiligt nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Hamm den Arbeitnehmer unangemessen, da er bei jeder Eigenkündigung zur Rückzahlung verpflichtet ist – auch wenn er unverschuldet dauerhaft die Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann“, erläuterte Abrolat. Sie riet, die Rückzahlungsverpflichtung in der Vereinbarung detailliert nach Gründen und Zeiträumen nach der erfolgten Fortbildung auszudifferenzieren.
Die gesetzlichen Änderungen zum Mutterschutz im Falle einer Fehlgeburt seit dem 1. Juni 2025 erläuterte Franziska Langer: „Eine Frau, die vor der 24. Schwangerschaftswoche ihr Kind verlor oder bei einem Gewicht des Kindes von weniger als 500 Gramm und ohne Lebenszeichen, hatte keinen Anspruch auf Mutterschutz oder irgendeine Schutzfrist und Mutterschaftsgeld. Sie musste sofort wieder arbeiten oder sich krankschreiben lassen, oft ohne Lohnfortzahlung.“ Seit Anfang Juni gelten – je nach Fortschritt der Schwangerschaft – gestaffelte Schutzfristen ab der 13. Schwangerschaftswoche. „In dieser Schutzfrist besteht nun auch ein Beschäftigungsverbot, es sei denn, die Frau erklärt ausdrücklich, arbeiten zu wollen, was sie jederzeit widerrufen kann“, so Langer. Sie verband die Neuregelung mit einem Exkurs zum Mutterschutz generell: wer darunterfällt, mit welchen Fristen und wie Kündigungs- und Arbeitsschutz sowie Urlaubsanspruch aussehen. Ebenso warf sie einen Blick auf den besonderen Schutz von Mutter und Vater in Elternzeit.
Keine spezielle Gruppe dürfen Stellenanzeigen ausschließen, betonte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg und bestätigte die Auffassung eines 1972 geborenen Bewerbers, der ohne Gesprächseinladung abgelehnt worden war. In der flotten Formulierung der Stellenanzeige mit „Digital Natives“, „Teambuddy“ und „dynamisches Team“ sah er Indizien für eine Altersdiskriminierung. Das LAG folgte der Argumentation, zumal das beklagte Unternehmen mangels Transparenz des Bewerbungsverfahrens den Vorwurf nicht widerlegen konnte. Langer zusammenfassend: „Wir raten Ihnen, bereits bei der Formulierung von Stellenanzeigen – selbst wenn Sie eine bestimmte Altersgruppe im Auge haben – Sensibilität walten zu lassen.“
Beim nächsten MOOG Update Arbeitsrecht Vol. 42 erläutern unsere Experten am Donnerstag, 6. November, von 10.30 bis 11.30 Uhr neue aktuelle Urteile und geben Praxistipps. Anmeldung zum Webinar unter https://www.moogpartner.de/kanzlei/veranstaltungen/


