Der Umgang mit dem neuen Virus wirft viele Fragen auf, auch in Bezug auf Arbeitsverhältnisse: Gibt es eine Home-Office-Pflicht? Was ist mit Vergütungsfortzahlungsansprüchen? Wer trägt das Risiko von Auftragsmangel? Die Antworten beginnen juristisch typischerweise mit: „Das kommt darauf an.“ In diesem Überblick möchten wir eine erste Orientierung zu einigen aktuellen Fragen geben.

1. Welche besonderen Verpflichtungen zum Schutze der Gesundheit seiner Mitarbeiter hat der Arbeitgeber?

Aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitarbeitern ergibt sich, dass er seine Mitarbeiter über bestehende Gesundheitsrisiken und die Einhaltung gewisser Hygiene- und Verhaltensregeln informieren muss. Gleichzeitig sollten in dem Betrieb die Hygienemaßnahmen verschärft werden, insbesondere durch Bereitstellung von Desinfektionsmitteln und in besonders gefährdeten Betrieben auch durch Bereitstellung von Schutzkleidung.

2. Was ist zu beachten, wenn ein Mitarbeiter vorsorglich nach Hause geschickt wird?

Wenn ein Arbeitgeber Mitarbeiter vorsorglich nach Hause schickt, ohne dass eine Auflage einer Behörde dazu vorliegt, muss der Arbeitgeber das Entgelt selbst fortzahlen (§ 615 BGB). Gegebenenfalls kann eine Vereinbarung getroffen werden, von zu Hause aus zu arbeiten.

Das ist nicht immer nur als „freiwillige“ Maßnahme des Arbeitgebers zu verstehen:

Konkrete Arbeitsschutzmaßnahmen in Form vorbeugender Gesundheitsmaßnahmen können auch zur Pflicht für den Arbeitgeber werden. Das kann dann auch bedeuten, einen Mitarbeiter – insbesondere bei Symptomen nach Rückkehr aus einem Risikogebiet – anzuweisen, den Betrieb zu verlassen. Auch wenn sich dieser „weigern“ sollte.

Entsprechend dürfte auch ein Fragerecht gegenüber Urlaubsrückkehrern bestehen, wo der Urlaub verbracht wurde und – allgemein – ob es infizierte nahe Angehörige gibt.

Ob wahrheitswidrige Auskünfte von Mitarbeitern arbeitsrechtliche Konsequenzen haben können, ist im Einzelfall zu prüfen.

3. Können Mitarbeiter angewiesen werden, von zu Hause zu arbeiten?

Bestand schon vorher eine Home-Office-Vereinbarung, kann diese möglicherweise ausgeweitet werden. Allerdings sind Mitarbeiter, mit denen bislang keine Home-Office-Vereinbarung bestand, grundsätzlich nicht verpflichtet, eine solche zu akzeptieren. Ob sich aber angesichts der Corona-Krise Mitarbeiter dafür flexibel zeigen müssen, ist juristisch umstritten. Hierfür spricht das Gebot der Rücksichtnahme, das im laufenden Arbeitsverhältnis auch für Mitarbeiter gilt.

4. Muss das Gehalt bei einem positiven Corona-Test fortgezahlt werden?

In diesem Fall wird der Arzt in aller Regel eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen, denn es handelt sich um einen „normalen“ Krankheitsfall. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss wie üblich das Gehalt aufgrund des Entgeltfortzahlungsgesetzes für 6 Wochen fortzahlen. Anschließend erhält der Mitarbeiter Krankengeld von der Krankenkasse.

Entscheidet sich ein Mitarbeiter für einen Urlaub in einem offiziell anerkannten Risikogebiet und erkrankt dann an dem Virus, sollte geprüft werden, ob die „Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit“ tatsächlich unverschuldet ist. Das ist für jeden konkreten Einzelfall zu prüfen.

Entgegen der sonstigen Rechtslage hat ein Arbeitgeber übrigens ein Recht auf Auskunft, ob der Mitarbeiter wegen des Corona-Virus arbeitsunfähig krank ist.

5. Muss der Lohn auch bei einem behördlichen Beschäftigungsverbot gezahlt werden?

Wenn ein behördliches Beschäftigungsverbot ausgesprochen wird, ohne dass der Mitarbeiter bereits erkrankt ist, liegt an sich kein Fall der Arbeitsunfähigkeit nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz vor. Da der Mitarbeiter auch nicht arbeiten darf, gilt an sich der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. In diesem Fall entschädigt der Staat aber gem. § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) den Mitarbeiter. Der Mitarbeiter erhält also in Höhe des Verdienstausfalles für die Dauer von 6 Wochen Geld vom Staat und ab der 7. Woche in Höhe des Krankengeldes. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber für die 6 Wochen in Vorleistung gehen und kann – fristgemäß – einen Erstattungsantrag bei der zuständigen Behörde stellen. Gegebenenfalls erhält er auch einen Vorschuss gezahlt. Wer die zuständige Behörde ist, ermitteln wir gerne für Sie.

Aber Achtung: Auch im Rahmen des Entschädigungsanspruches kann es zur vorrangigen Inanspruchnahme des Arbeitgebers über § 616 BGB kommen. Auch hier ist daher entscheidend, ob § 616 BGB im Arbeitsvertrag abbedungen wurde.

6. Was gilt, wenn die Behörde den gesamten Betrieb oder einen Betriebsteil schließt?

Wenn die Behörde den Betrieb schließt, sollte der Arbeitgeber in jedem Fall ebenfalls den Antrag gemäß § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) stellen. Wir gehen derzeit davon aus, dass der Arbeitgeber den Lohnersatz auch in diesem Fall in der bisherigen Höhe vorfinanzieren muss und sich dies bei der zuständigen Behörde erstatten lassen kann.

7. Was gilt, wenn der Arbeitgeber vorsorglich den gesamten Betrieb oder einen Betriebsteil schließt?

Entscheidet sich der Arbeitgeber, ohne behördliche Anordnung den Betrieb oder einzelne Abteilungen einzustellen, hat er weiterhin vollen Lohn zu zahlen.

Allerdings spricht rechtlich viel dafür, dass der Arbeitgeber in diesem Fall auch „Betriebsferien“ einführen kann, während dieser Zeit also Überstunden oder Urlaubsansprüche verrechnen kann.

Sofern ein Betriebsrat besteht, kann mit diesem kurzfristig auch eine Betriebsvereinbarung über Betriebsferien getroffen werden. Dann sind wenigstens Überstunden oder Urlaubsansprüche mit der Ausfallzeit in jedem Fall verrechenbar.

8. Was gilt, wenn die Kita oder die Schule geschlossen wird und Mitarbeiter zu Hause Kinder betreuen müssen?

Wenn Kita oder Schule wegen des Virus geschlossen werden und Mitarbeiter mangels anderweitiger Betreuungsmöglichkeiten zu Hause bleiben müssen, besteht für einige wenige Tage – in aller Regel bis zu fünf Arbeitstage – ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, sofern § 616 BGB arbeitsvertraglich nicht ausgeschlossen wurde. Anderenfalls ist für die Zeit Urlaub zu nehmen oder sind Überstunden abzubauen.

Freiberufler und Selbständige können übrigens auch einen Entschädigungsantrag für ihren Verdienstausfall stellen. Basierend auf dem beim Finanzamt erklärten Vorjahresergebnis erfolgt eine Berechnung im Einzelfall.

9. Muss trotz Umsatzrückgang das Gehalt von Mitarbeitern fortgezahlt werden?

Wenn wegen des Virus ein Auftrags- bzw. Rohstoffmangel herrscht, ist das grundsätzlich das Risiko des Arbeitgebers. Er muss also Entgelt zahlen, auch wenn die Mitarbeiter nicht arbeiten (können). Gegebenenfalls kann Kurzarbeit eingeführt werden. Hierfür ist allerdings die Zustimmung jedes betroffenen Mitarbeiters oder eine Ermächtigung in einer Betriebsvereinbarung erforderlich. Die Zustimmung des Mitarbeiters kann sich auch bereits aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Die Agentur für Arbeit hat dafür bereits grundsätzlich grünes Licht gegeben (Pressemitteilung vom 28.02.2020).

Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Kurzarbeit infrage kommt, sollte zeitnah rechtlich geprüft werden. Denn möglicherweise müssen zuvor noch fehlende Zustimmungserklärungen eingeholt werden. Für Betriebe mit Betriebsrat sollte hier auch geprüft werden, ob eine Lösung mit dem Betriebsrat herbeigeführt werden kann.

Gerne können Sie für eine Prüfung auf uns zukommen. Bitte halten Sie in diesem Fall unbedingt die etwaige rechtliche Grundlage für die Kurzarbeit – Arbeitsvertragsklausel, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag – bereit.

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