Als multidisziplinäre Wirtschaftskanzlei vereinen wir die Expertise von Steuerberatern, Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Notaren. Wie anders als interdisziplinär hätte da der Blick sein können, den wir kürzlich mit unserem Partner, IPONTIX Corporate Finance Beratungsgesellschaft, auf das Thema „Unternehmensnachfolge erfolgreich gestalten“ warfen? Zahlreiche Gäste –Unternehmerinnen und Unternehmer, Geschäftsführer und Finanzchefs – waren der Einladung zu diesem informativen Abend gefolgt, den wir nach den Vorträgen gemeinsam bei schönstem Sommerwetter mit vertiefenden Gesprächen auf unserer Dachterrasse fortsetzten. Und wenn unsere Gäste nur einen Satz mitnehmen, dann gewiss den, der sich wie ein roter Faden durch den Abend zog: „Fangen Sie mit der Planung Ihrer Nachfolge früh an.“
Idealerweise zwei bis drei Jahre vor Beginn des eigentlichen Transaktionsprozesses, besser drei bis fünf Jahre vorher beginne die Vorbereitungsphase, riet Dr. Alexander Lahmann, Professor für Mergers & Acquisitions (M&A) und Partner bei IPONTIX. Denn viele Nachfolgesuchende stellten bald fest: „Das klassische, romantische Bild von der Übergabe des Staffelstabs an junge, dynamische und agile Nachfolger ist schwieriger in der Umsetzung als gedacht.“ Das nicht allein wegen der regelrechten Nachfolgewelle, die sich aktuell aufgrund der Altersstruktur von Inhabern mittelständischer Unternehmen entwickele und die bedeute, dass auf einen potenziellen Nachfolger aktuell zwei und bald gar drei suchende Unternehmen kämen. In der sorgfältigen Vorbereitung des eigentlichen Transaktionsprozesses, der sechs oder sieben bis zwölf, wenn nicht gar 15 Monate dauere, gelte es vielmehr, verschiedenste Handlungsfelder zu berücksichtigen – von der Personenebene über die Unternehmensanalyse, die Art der Nachfolge und Gestaltungsoptionen bis zum Zeit- und Projektmanagement. Lahmann: „Meistens ist es empfehlenswert, über einen Plan A nachzudenken, aber auch einen Plan B zu haben.“
Eine Möglichkeit wäre, das Unternehmen vorher noch zu optimieren, dafür die Plattformstrategie zu anzuwenden und zuzukaufen. Dr. Elmar Jakob, Geschäftsführender Gesellschafter bei IPONTIX Corporate Finance, erläuterte: „Auch für kleine Unternehmen birgt das die Chance, sich selbst zu einer kritischen Größe zu entwickeln, ab der sie für Finanzinvestoren interessant werden.“ Diese Plattformstrategie sei inzwischen in vielen Branchen an der Tagesordnung – bei Ärzten oder Physiotherapeuten, Softwarefirmen oder auch Bestattern. Und: „Geeignete Zielunternehmen zu finden, ist gar nicht so kompliziert“, so Jakob, der die Zuhörer ermunterte, dabei nicht nur an Mitbewerber zu denken.
Steuerlichen Effekten Zeit zur Entfaltung geben
„Fangen Sie morgen mit dem Nachdenken an“, sagte auch Marc Sälzer, Partner, Rechtsanwalt und Fachmann für Transaktionssteuerrecht in unserem Haus. „Manche Veränderungen brauchen Zeit, damit die steuerlichen Effekte sich entfalten können. Im schlimmsten Fall können steuerrechtliche Haltefristen, etwa nach der Veränderung der Unternehmensstruktur, den Zeitplan für die Nachfolge blockieren.“
Deswegen riet er, mit den Vorbereitungen am besten mindestens sieben Jahre vor Beginn des Nachfolgeprozesses zu beginnen. Zur Erläuterung gab er vielfältige Einblicke ins Transaktionssteuerrecht und Möglichkeiten, es zu nutzen – von einer Holding-Kapitalgesellschaft über den halben Steuersatz bei Unternehmensverkäufen, die frühzeitige Optimierung der Erbschaftssteuer bis zur Trennung von Immobilien und operativem Betrieb. „Da sind etliche Aspekte dabei, an die ich so noch nicht gedacht hatte“, war vielfach aus dem Publikum zu hören.
Auch die je fünf rechtlichen Dos und Don´ts im Vorfeld eines Unternehmensverkaufs, die Dr. Tobias Moog, Leiter unseres interdisziplinären M&A-Teams, seinen Zuhörern vorstellte, machten deutlich: Eine frühzeitige Vorbereitung kann manche Klippe umschiffen. Die Dos reichten dabei von der Bindung von Talenten durch Beteiligung über Klärung aller Aspekte für die Prüfung der drei ESG-Due-Diligence-Bereiche Environment, Social, Governance bis zur Aufforderung, mehr „am“ statt „im“ Unternehmen zu arbeiten: durch Erschließung neuer Geschäftsfelder, Schließung unrentabler Bereiche oder Zukauf für größere Attraktivität. Auf Seiten der Don´ts warnte Moog unter anderem vor ungeklärten Pensionsverbindlichkeiten, nicht eingetragenen Schutzrechten oder der Vermischung von Betriebs- und Privatsphäre.
Inspiration für die Zeit danach
Was tun mit Zeit und Geld, wenn die Nachfolge geregelt ist? Auch dafür gab es zwei Impulse. Der eine kam von Professor Dr. Klaus-Michael Ahrend, unter anderem Geschäftsführer des HUB31, Darmstädter Technologie- und Gründerzentrum. Aktuell rund 50 Start-ups mit 1 bis 100 Beschäftigten finden auf 5.600 Quadratmetern Entwicklungsraum für ihre Geschäftsideen – von Laboren und Werkstätten über Büros und Coworking-Spaces bis zu Konferenz- und Tagungsmöglichkeiten. Ahrend: „Sie alle brauchen Mentorinnen und Mentoren oder Finanzierungspartner. Sie können also schon vor dem Verkauf Ihres Unternehmens Partner des Hauses werden und danach in Gründer investieren.“
Jana Steingässer stellte eine Idee vor, wie das Engagement nach dem Unternehmensverkauf aussehen könnte. Die Geschäftsführerin der Darmstädter Okeanos Stiftung für das Meer skizzierte das Lebenswerk des Geschäftsführenden Vorstands und einstigen Unternehmers Dieter Paulmann (Gründer der DIS AG): Noch während seiner aktiven Berufszeit begann er sein Engagement für den Schutz maritimer Lebensräume und gründete nach seinem Ausstieg die Stiftung. Mit Partnern im Pazifik baut Okeanos nachhaltigen Seetransport aus, unterstützt Forschungsprojekte und hilft Jugendlichen, ihre Projektideen für Umwelt und Gesellschaft weiterzuentwickeln. Steingässer: „Wir möchten, dass immer mehr Menschen verstehen, wie wichtig gesunde maritime Ökosysteme für uns sind.“ Dr. Tobias Moog ergänzte: „Dieter Paulmann hat sich schon in seiner aktiven Zeit immer wieder für seine Leidenschaft, das Meer, aus dem Alltag gezogen und seinem gut aufgestellten Team im Unternehmen die Arbeit überlassen – er kann eine Inspiration für uns alle sein.“