Fordert ein Mieter seinen Vermieter auf, ihm gemäß Artikel 15 DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) Auskunft über die verarbeiteten personenbezogenen Daten des Mieters zu erteilen und bekommt er daraufhin keine vollständige DSGVO-konforme Auskunft seitens des Vermieters, kann er Zahlungen zurückbehalten. Dieses sogenannte Zurückbehaltungsrecht hat das Amtsgerichts Wiesbaden in einem Urteil vom 3. März 2022, Az. 93 C 2338/20 (22), anerkannt.
In dem entschiedenen Fall hatte der Vermieter zunächst eine Nachzahlung aus einer Betriebskostenabrechnung gegen den Mieter geltend gemacht. In diesem Zusammenhang verlangte der Mieter Auskunft nach Art. 15 DSGVO von seinem Vermieter und beanspruchte, ihm eine vollständige Datenauskunft über die beim Vermieter gespeicherten bzw. an die Abrechnungsfirma weitergegebenen Daten über seine Person zu gewähren. Art. 15 DSGVO gewährt dabei einen Anspruch, jederzeit Auskunft über die tatsächliche Verarbeitung der eigenen personenbezogenen Daten zu erhalten. Da der Vermieter die geforderten Informationen nicht vollständig erteilte, verweigerte der Mieter die Nachzahlung und machte ein Zurückbehaltungsrecht geltend – zu Recht, wie das Amtsgericht Wiesbaden feststellte. Es hob hervor, dass es der Vermieter insbesondere versäumt habe, dem Mieter mitzuteilen, zu welchem Zweck und für welchen Zeitraum er dessen Mobilfunknummer speichert beziehungsweise, welche Kriterien er für die Festlegung der Dauer der Speicherung heranzog. Zudem habe der Vermieter dem Mieter weder mitgeteilt, welche personenbezogenen Daten bei der Abrechnungsfirma gespeichert werden, noch für welchen Zeitraum die Abrechnungsfirma diese speichert.
Zurückbehaltungsrecht auch auf Mietzahlungen übertragbar
Die Entscheidung des Amtsgerichts Wiesbaden bezog sich zwar auf ein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf Betriebskostennachzahlungen – sie dürfte jedoch auf die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts im Hinblick auf die Mietzahlung übertragbar sein. Abzuwarten bleibt, ob diese Entscheidung der ersten Instanz durch höhere Instanzen aufgegriffen wird. Sollte sich die Auffassung des Amtsgerichts Wiesbaden durchsetzen, könnte das weitreichende Auswirkungen haben – nicht nur auf das Mietrecht, sondern das gesamte Zivilrecht.
Grenze des Zurückbehaltungsrechts im Zusammenhang mit dem Auskunftsbegehren gemäß Art. 15 DSGVO dürfte der Vorwurf der Missbräuchlichkeit sein. Geht es dem Antragsteller in Wahrheit überhaupt nicht um die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten, sondern um „taktische Spielchen“, dürfte weder ein Auskunftsbegehren nach Art. 15 DSGVO noch ein Zurückbehaltungsrecht bestehen (vgl. dazu Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 14.03.2022, Az. 8 U 2907/21).
Die Entscheidung des Amtsgerichts Wiesbaden und das darin angenommene Zurückbehaltungsrecht gibt Mietern ein starkes Druckmittel gegen Vermieter in die Hand. Kommt der Vermieter dem Auskunftsbegehren nach Art. 15 DSGVO nicht nach, droht diesem zudem bei einer Anzeige durch den Mieter bei der Datenschutzbehörde ein hohes Bußgeld.
Bevor die Frage nicht endgültig geklärt ist, ob es ein Zurückbehaltungsrecht gestützt auf eine nicht vollständige Erfüllung des Auskunftsbegehrens nach 15 DSGVO gibt, kann Vermietern in diesem Zusammenhang nur geraten werden, ein Auskunftsbegehren eines Mieters nach Art. 15 DSGVO nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, sondern es unverzüglich und vollständig zu beantworten – spätestens jedoch innerhalb eines Monats. Hierbei unterstützen wir Sie sehr gerne!