Ob Geschäftsführer und Gesellschafter einer GmbH sozialversicherungspflichtig sind, ist seit jeher umstritten. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Sozialversicherungspflicht von Geschäftsführern und Gesellschaftern gibt es nicht. Das Bundessozialgericht hat nun mit seinem Urteil vom 13. Dezember 2022 neue Kriterien für die Beurteilung aufgestellt (Az.: B 12 KR 16/20 R). Das bringt weitreichende Folgen für die Praxis mit sich.

Gesetzlich geregelt ist lediglich, dass Beschäftigte im Sinne des § 7 SGB IV sozialversicherungspflichtig sind. Danach muss geklärt werden, ob eine nicht selbstständige Tätigkeit vorliegt, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für die Beurteilung sind die Weisungsgebundenheit und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation.

Für die Einordnung der Gesellschafter ist ihre Kapitalbeteiligung ein wesentliches Kriterium. Bislang reichte für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit aus, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit mindestens 50 Prozent an der Gesellschaft beteiligt war und damit die Rechtsmacht hatte, bei der Ausübung seines Amtes als Geschäftsführer Weisungen der Gesellschafterversammlung zumindest zu verhindern. Das ist nach dem jüngsten Urteil des Bundessozialgerichts nun hinfällig.

Bereits im April 2022 haben die Sozialversicherungsträger festgestellt: Allein die Stellung als Mehrheitsgesellschafter reicht nicht aus, eine abhängige Beschäftigung auszuschließen. Hinzukommen müsse, dass die arbeitsrechtlichen Weisungsrechte nach dem Gesellschaftsvertrag vom Geschäftsführer auf die Gesellschafterversammlung übertragen werden (Gemeinsames Schreiben der Sozialversicherungsträger Anlage 3 von 1. April 2022, S.4 und 5).

Weisungsrecht entscheidend

Das Bundessozialgericht hat mit dem aktuellen Urteil klargestellt: Ein mitarbeitender Gesellschafter mit einer 50-prozentigen Beteiligung ist sozialversicherungspflichtig. Im konkreten Fall waren der Kläger und sein Bruder zu je 50 Prozent als Gesellschafter an der GmbH beteiligt, der Bruder des Klägers war alleiniger Geschäftsführer. Der Kläger war mitarbeitender Gesellschafter als Betriebsleiter.

Das Bundessozialgericht führt aus: Ein mitarbeitender Gesellschafter ist regelmäßig abhängig beschäftigt, da das Weisungsrecht grundsätzlich der Geschäftsführung obliegt und nicht der Gesellschafterversammlung. Laut dem Bundessozialgericht sei die bloße Möglichkeit, Mehrheitsentscheidungen der Gesellschafter zu verhindern, nicht ausreichend für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit des Gesellschafters. Erforderlich sei vielmehr, dass der Gesellschafter die Rechtsmacht hat, bestimmte Beschlüsse auch gegen den Willen der anderen Gesellschafter gestaltend durchzusetzen und dass der Gesellschafter „das unternehmerische Geschick der GmbH insgesamt wie ein Unternehmensinhaber lenkt“.

Kriterien hierfür seien beispielsweise, dass er in der Lage sein muss, Weisungen an den Geschäftsführer herbeizuführen oder jederzeit dessen Abberufung durchzusetzen oder auch die Dienstaufsicht über Angestellte im Widerspruch zum Geschäftsführer auszuüben. Zudem müsse er über die Rechtsmacht verfügen zu verhindern, dass der Geschäftsführer die maßgebenden Rahmenbedingungen für die Erbringung seiner Arbeitsleistung vorgibt.

 

Was bedeutet das für Unternehmen?

Wie dargestellt, reicht eine 50-Prozent-Beteiligung und somit eine Verhinderungsmacht eines Gesellschafters allein nicht mehr für eine mögliche Sozialversicherungsfreiheit aus. Hinzukommen müsse, dass dieser bei einer 50-Prozent-Beteiligung oder einer Sperrminorität auch die alltägliche Geschäftsführung innehat.

Bei Mehrheitsgesellschaftern, die nicht zum Geschäftsführer bestellt sind, müsste gleichzeitig durch die Satzung das arbeitsrechtliche Weisungsrecht auf die Gesellschafterversammlung übertragen werden.

Rechtssicherheit in Bezug auf eine mögliche Sozialversicherungspflicht schafft ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung nach § 7 a SGB IV. Das erfolgt bei Gesellschafter-Geschäftsführern ohnehin von Amts wegen zu Beginn ihrer Tätigkeit, sollte aber auch dringend bei bestehenden Geschäftsführern erfolgen, wenn bezüglich deren Sozialversicherungspflicht Unsicherheiten bestehen. Andernfalls kann es zu hohen Beitragsnachforderungen kommen – und gegebenenfalls sogar strafrechtlichen Konsequenzen.