Steigende Energiekosten und Maßnahmen zum Energiesparen sind in aller Munde. Auch für Unternehmen stellen sich wichtige Fragen: Darf oder muss der Arbeitgeber die Temperatur im Unternehmen senken? Darf der Arbeitgeber Mitarbeitende ins Homeoffice schicken? Ist der Betriebsrat einzubinden? Und die wohl wichtigste Frage: Wie kalt darf es am Arbeitsplatz denn nun tatsächlich sein? In Sachen Temperatur greift allgemein die Arbeitsstättenverordnung – deren Gültigkeit für öffentliche Gebäude jedoch vorübergehend durch eine Sonder-Verordnung ausgesetzt wurde.

Die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung

Grundsätzlich gilt für Unternehmen in Deutschland die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Sie regelt in § 3 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang 3.5 und den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) 3.5 die einzuhaltenden Raumtemperaturen. Im Detail: Bei sitzender, leichter Arbeit muss die Raumtemperatur mindestens 20 Grad Celsius betragen, bei mittlerer Belastung 19 Grad Celsius. Bei leichten Tätigkeiten im Stehen sind ebenfalls 19 Grad Celsius vorgeschrieben. Handelt es sich um eine mittlere Arbeitsschwere, müssen 17 Grad Celsius eingehalten werden, bei schwerer Arbeit im Stehen 12 Grad Celsius. Für Pausen-, Bereitschafts-, Sanitär-, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räume gilt die Mindesttemperatur von 21 Grad Celsius. Je nach Art der Tätigkeiten können aber auch Besonderheiten gelten. Deshalb kann es im Einzelfall ratsam sein, einen Fachanwalt zu konsultieren.

Die neue Verordnung für öffentliche Gebäude

Seit 1. September dieses Jahres gilt, befristet auf sechs Monate, die Kurzfrist­energie­sicherungs­verordnung (EnSikuMaV). Sie legt Temperaturen für Arbeitsräume in öffentlichen Gebäuden fest, die von der Arbeitsstättenverordnung abweichen. So definiert § 6 Höchsttemperaturen, die jeweils ein Grad unter den oben genannten Mindestwerten liegen (mit Ausnahme des Höchstwertes für schwere Arbeit). Für körperlich leichte und überwiegend sitzende Tätigkeiten gilt danach beispielsweise eine Höchstgrenze von 19 Grad Celsius, statt einer Mindesttemperatur von 20 Grad Celsius.

Private Unternehmen trifft eine vergleichbare Verpflichtung jedoch nicht – allerdings wird ihnen bis Ende Februar 2022 grundsätzlich gestattet, die bisherigen Mindesttemperaturen nach der ArbStättV zu unterschreiten. Auch appelliert der Gesetzgeber in der Verordnungsbegründung an private Unternehmen, die in der Verordnung beschriebenen Energiesparmaßnahmen ebenfalls umzusetzen.

Homeofficepflicht als Alternative?

Noch ist keine erneute Homeofficepflicht durch die Bundesregierung eingeführt worden – etwa zum Zweck des Energiesparens in Büros. Unabhängig von einer möglichen Pflicht, erwägen viele Unternehmen jedoch, Kosten zu sparen, indem Mitarbeitende ihrer Beschäftigung vermehrt von zu Hause aus nachgehen. Wenn jedoch keine entsprechende vertragliche Regelung besteht, können Arbeitgeber ihre Beschäftigten nicht einseitig ins Homeoffice versetzen. Hier erweist es sich als Vorteil, wenn bereits Rahmenbedingungen für mobiles oder hybrides Arbeiten existieren. Solche können in Form von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen, aber auch individuell vereinbart werden.

Der Betriebsrat muss fast immer beteiligt werden

Wenn es um Regelungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz geht, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). Zwar hat er nicht „das letzte Wort“, wenn es konkret um die Absenkung der Temperaturen im Unternehmen geht. Für die Beurteilung beispielsweise etwaiger Maßnahmen zur Gefährdungsvorbeugung muss der Betriebsrat aber in die Entscheidungsfindung eingebunden werden.

Fazit

Auch am Arbeitsplatz lässt sich Energie sparen. Unternehmen sollten für den Fall der Energieknappheit vorsorgen – auch wenn es für private Arbeitgeber keine verpflichtenden Vorgaben zu kurzfristigen Energiesparmaßnahmen gibt. Um bei Handlungsbedarf auf das Verständnis der Mitarbeitenden zählen zu können, sollte bereits jetzt ein Austausch mit ihnen oder dem Betriebsrat stattfinden. Im Übrigen sollte für die Notwendigkeit von Energiesparmaßnahmen im Unternehmen geworben werden, beispielsweise durch Aushänge oder Rundmails.