Im Deutschen Kaufrecht ist zum 1. Januar 2022 ein neuer Mangelbegriff eingeführt worden. Nach bisherigem Recht war eine Kaufsache dann mangelfrei, wenn die Sache entweder bei Lieferung die vereinbarte Beschaffenheit aufwies odersich für die vereinbarte Verwendung eignete. Diese Alternativität ist nunmehr aufgehoben worden. Nach dem neuem Mangelbegriff des § 434 BGB muss die Kaufsache nunmehr sowohlder individuellen Beschaffenheitsvereinbarung entsprechen als auch objektiv für die Verwendung geeignet sein beziehungsweise eine Beschaffenheit aufweisen, die für Sachen der gleichen Art üblich ist.

Die hierin vorliegende Verknüpfung führt zu einer erheblichen Ausweitung des Mangelbegriffs. Zudem enthält das neue Kaufrecht verschiedene Präzisierungen wie beispielsweise § 434 Abs. 5 BGB, wonach es einem Sachmangel gleichkommt, wenn eine andere Sache als die vertraglich geschuldete geliefert wird. In § 434 Abs. 3 BGB wird zudem nunmehr klargestellt: Zu den objektiven Anforderungen an eine Kaufsache gehören auch öffentliche Äußerungen des Verkäufers oder andere Formen der Werbung wie beispielsweise Prospekte oder Etiketten.

Große Bedeutung wird zukünftig auch die reformierte Beweislastregel des § 477 BGB erlangen. Zeigt sich binnen eines Jahres ein Sachmangel, so wird zu Gunsten des Käufers vermutet, dass der Mangel bereits beim Kauf vorlag. Nach früherem Recht lag die Grenze bei sechs Monaten.

Auswirkungen auch auf Werklieferungsverträge

Die Vorschriften über den Kauf finden auch auf einen Vertrag Anwendung, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat (Werklieferungsvertrag). Entsprechend gilt die Anwendung des Kaufrechts beispielsweise auch dann, wenn die herzustellende Sache in ein Bauwerk eingefügt werden soll. Und folglich kommt bei den Werklieferungsverträgen auch der erweiterte Mangelbegriff des § 434 BGB zur Anwendung. Darüber hinaus ist eine Vielzahl weiterer Mischformen von Kauf- und Werkverträgen denkbar und üblich. Etwa – um im Beispiel zu bleiben –  wenn der Lieferant einer Sache zusätzlich deren Einbau oder Montage beim Erwerber übernimmt. Bei solchen Verträgen ist jeweils im Einzelfall zu ermitteln, welche Vorschriften anwendbar sind, sofern die Parteien hierzu nichts Eindeutiges vereinbart haben.

Der neue Mangelbegriff des Kaufrechts wirkt sich zumindest in besonderen Fallkonstellationen auch im Baurecht aus. Hierauf müssen sich die Vertragsparteien rechtzeitig einstellen.