Bereits nach dem alten Wohnungseigentumsecht vor Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1. Dezember 2020 galt: Wohnungseigentümer können ausnahmsweise auf der Grundlage einer sogenannten Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung oder in der Teilungserklärung Beschlüsse über ihr Verhältnis untereinander fassen, die von den Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) oder der Teilungserklärung beziehungsweise der Gemeinschaftsordnung abweichen. Das Besondere solcher Öffnungsklauseln liegt darin, dass sie eine Beschlusskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für Sachverhalte eröffnen (daher Öffnungsklausel), die sonst nur durch eine Vereinbarung, also einen Vertrag zwischen allen Miteigentümern, geregelt werden könnten.

Die Wirkungen solcher aufgrund einer Öffnungsklausel gefassten Beschlüsse bestanden nach altem Recht ohne weitere Voraussetzungen, und zwar auch gegenüber Rechtsnachfolgen, also zum Beispiel Erwerbern von Sondereigentum. Eine Eintragung solcher Beschlüsse in die Wohnungs- beziehungsweise Teileigentumsgrundbücher war nicht erforderlich. Die Eintragung ins Grundbuch war sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Das hat sich mit Inkrafttreten des WEMoG grundlegend geändert.

Nach neuem Recht besteht gemäß § 10 Abs. 3, S. 1 WEG nur noch dann eine Rechtswirkung der aufgrund einer Öffnungsklausel gefassten Eigentümerbeschlüsse gegenüber einem Rechtsnachfolger, wenn diese Beschlüsse als Inhalt des Sondereigentums in die Wohnungs- beziehungsweise Teileigentumsgrundbücher eintragen werden. Fehlt die Eintragung, geht die Wirkung des Beschlusses mit dem nächsten Wechsel des Sondereigentümers verloren. Dabei ist es unerheblich, ob die Rechtsnachfolge aufgrund Veräußerung, Zwangsversteigerung oder Schenkung eintritt. Nur bei einer Gesamtrechtsnachfolge, zum Beispiel bei Erbfall oder Unternehmensumwandlung,  tritt kein Verlust der Beschlusswirkung ein.

Gleichzeitig bestimmt die Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 1 WEG, dass der neue § 10 Abs. 3 WEG auch für solche Beschlüsse aufgrund von Öffnungsklauseln gilt, die vor dem 1. Dezember 2020 gefasst oder durch eine gerichtliche Entscheidung infolge einer Beschlussersetzungsklage ersetzt wurden.

Allerdings enthält § 48 Abs. 1, S. 2 WEG eine Transformationsregelung, wonach die Wirkung eines Beschlusses vor dem 1. Dezember 2020 aufgrund einer Öffnungsklausel gegenüber einem Sonderrechtsnachfolger (Erwerber) auch ohne Eintragung in die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher weiterhin besteht, allerdings nur befristet bis zum 31. Dezember 2025.

Eine Eintragung von Altbeschlüssen, die aufgrund einer Öffnungsklausel vor dem 1. Dezember 2020 gefasst wurden, muss daher auch bis zum 31. Dezember 2025 in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern erfolgt sein.

Jede Wohnungseigentümergemeinschaft, die bereits vor dem 1. Dezember 2020 bestanden hat, muss also prüfen,

  • ob die Gemeinschaftsordnung eine vertragliche Öffnungsklausel enthält und wenn ja,
  • ob von dieser Öffnungsklausel Gebrauch gemacht worden ist. Das erfordert die Durchsicht aller Niederschriften der Wohnungseigentümerversammlungen seit Bestehen der Gemeinschaft sowie der Beschlusssammlung (§ 24 Abs. 7 WEG);
  • ob der Beschluss eventuell nichtig ist, weil er entweder seinem Inhalt nach zu unbestimmt ist oder in den Kernbereich eines Wohnungseigentums oder eines mitgliedschaftlichen Rechts eingreift;
  • ob eine formal ordnungsmäßige Beschlussfassung vorliegt, insbesondere eine Stimmauszählung erfolgte, das Abstimmungsergebnis bekannt gegeben wurde und eine Beschlussverkündung erfolgte.

Sowohl Verwalter sind im Rahmen ihrer Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung verpflichtet, dies zu ermitteln, wie auch Wohnungseigentümer, sofern dem Verwalter keine vollständigen Unterlagen vorliegen, etwa Protokolle lange Jahre zurückliegender Eigentümerversammlungen. Damit sollte rechtzeitig begonnen werden – spätestens Anfang 2024. Nach der Ermittlung können Wohnungseigentümer in einer Eigentümerversammlung entscheiden, ob etwaige Altbeschlüsse auf der Grundlage einer Öffnungsklausel durch einen Zweitbeschluss aufgehoben werden oder die Eintragungsfrist bis zum 31. Dezember 2025 wahrgenommen wird oder nicht. Dann bleibt noch ausreichend Zeit, entsprechende Anträge zur Eintragung in die Grundbücher bei dem zuständigen Grundbuchamt zu stellen, wenn ein Altbeschluss aufgrund einer Öffnungsklausel auch gegenüber Sonderrechtsnachfolgern fortgelten soll.