Vendor Loans sind Vereinbarungen bei Unternehmenstransaktionen, mit denen der Verkäufer der Käuferseite einen Teil des Kaufpreises stundet oder als Darlehen zur Verfügung stellt. Sie können vielfältig ausgestaltet werden und im gemeinsamen Interesse von Verkäufer- und Käuferseite ein wertvolles Finanzierungsinstrument bieten. In welchen Situationen Vendor Loans besonders attraktiv sein können, welche Chancen und Risiken sie bieten und worauf bei der praktischen Umsetzung zu achten ist, beleuchtet der folgende Beitrag aus unserer Reihe M&A Spotlights.

Vendor Loans als Baustein der Finanzierung

Vendor Loans können aus verschiedenen Gründen besondere Chancen bei der Transaktionsgestaltung bieten. Sie können vor allem dann von besonderer Bedeutung sein, wenn sich die vollständige Finanzierung des Kaufpreises als schwierig erweist. In diesem Fall können Diskrepanzen zwischen der Finanzierungsbereitschaft der beteiligten Bank(en) und den Kaufpreisvorstellungen der Parteien überbrückt werden. Angesichts der aktuellen Entwicklung des Zinsumfelds dürfte dieses Motiv in naher Zukunft eine besondere Rolle spielen und Vendor Loans verstärkt in den Fokus der Transaktionsgestaltung rücken. Dies war auch in der Finanzkrise nach der Lehman-Pleite der Fall. 
Auch wenn beispielsweise die individuelle wirtschaftliche Entwicklung des zu verkaufenden Unternehmens nur schwer absehbar ist oder wenn Kaufpreisvorstellungen aus anderen Gründen voneinander abweichen, können Vendor Loans als Kompromisslösung dienen. Insbesondere kann mit Vendor Loans (ähnlich wie bei Earn-Out- oder Rückbeteiligungsmodellen) eine Bindungswirkung des Verkäufers geschaffen werden. In Erwartung der späteren Kaufpreiszahlung (in Form der Darlehensrückzahlung) gibt der Verkäufer dann – gewissermaßen als Investor – ein Bekenntnis an den Erfolg des Zielunternehmens und der Transaktion ab.

Strukturen

Vendor Loans werden in unterschiedlichen Strukturen vereinbart. Bei klassischen Mittelstandstransaktionen wird das Darlehen häufig direkt zwischen dem Verkäufer und dem Käufer gewährt. Es kann es aber auch sinnvoll sein, das Darlehen an eine Mutter- oder Holdinggesellschaft einer Käufergesellschaft weiterzureichen. In diesem Fall wird häufig in einem weiteren Schritt bei (oder nach) Abschluss der Transaktion ein dreiseitiger Schuldübernahmevertrag abgeschlossen.
Der Darlehenseffekt selbst kann durch eine Stundung der Kaufpreisforderung, aber auch durch Vereinbarung eines neuen Darlehens erreicht werden. Häufig wird vereinbart, dass die Zinsen für das Darlehen erst am Ende der Laufzeit fällig werden. Die Kündigungsmöglichkeiten werden meist beschränkt, um eine vorzeitige, einseitige Kündigung des Darlehens zu verhindern.

Vorteile und Nachteile

Ein klarer Vorteil eines Vendor Loans ist vor allem die Möglichkeit, Brücken zur erfolgreichen Finanzierung und damit zum Transaktionserfolg zu bauen. Auch rein zeitliche Engpässe – wenn etwa die Kreditzusage einer Bank noch von bestimmten Voraussetzungen abhängt – können damit überbrückt werden. Die Darlehenskonditionen können weitgehend flexibel zwischen den Parteien ausgehandelt werden.
Darüber hinaus können aber noch weitere Effekte erzielt werden. Ein Vendor Loan kann im Interesse des Käufers zur Absicherung möglicher Gewährleistungsansprüche dienen, indem eine unkomplizierte Aufrechnung ermöglicht und dem Käufer damit eine deutlich vereinfachte Durchsetzung von Schadensersatzforderungen ermöglicht wird. Aus Verkäufersicht ist dies ein klarer Nachteil, dem gegebenenfalls durch eine Modifizierung der Aufrechnungsvoraussetzungen begegnet werden kann.
Als besondere Herausforderung bei Vereinbarung eines Vendor Loans erweist sich meistens der Interessenausgleich zwischen allen Beteiligten, da neben dem Verkäufer und dem Käufer auch insbesondere die übrigen Fremdkapitalgeber mit dem Konzept einverstanden sein müssen.
Nachteilig für den Verkäufer ist natürlich, dass er – im Gegensatz zu einem direkt vollständig beglichenen Kaufpreis – umso weniger Liquidität erhält, je größer der Anteil des Vendor Loans am Kaufpreis ist. Außerdem trägt er auch einen Teil der Transaktionsrisiken, wenn der Cashflow aus dem Zielunternehmen ausbleibt und das Darlehen deswegen möglicherweise nicht bedient werden kann.

Besonderheiten der Gestaltung

Banken werden regelmäßig erwarten, dass das Verkäuferdarlehen nachrangig ausgestaltet wird, um keine Nachteile bei der Bedienung ihrer Darlehen hinnehmen zu müssen. Vereinzelt lassen sich aber Sicherungsmittel für die Rückzahlung vereinbaren. In jedem Fall müssen die Details des Vendor Loans insbesondere bei komplexeren Transaktionsvorhaben sorgfältig mit den übrigen Vereinbarungen, vor allem den zentralen Intercreditor Agreements und den Senior Kreditvereinbarungen, abgestimmt werden.
Um die Interessen der Beteiligten zu wahren, können darüber hinaus individuelle Sonderregelungen getroffen werden. So kann es für den Verkäufer wichtig sein, eine „Change of Control“-Klausel zu vereinbaren, mit der er die Möglichkeit erhält, das Darlehen im Fall eines (jedenfalls mehrheitlichen) Eigentümerwechsels auf Käuferseite zu kündigen. Auf diese Weise kann vermieden werden, dass der Verkäufer einem Gläubiger ausgesetzt wird, den er sich nicht ausgesucht hat. Gewinnausschüttungen und ähnliche Maßnahmen bei der Darlehensnehmerin, die die Rückführung des Darlehens beeinträchtigen können, sollten ausgeschlossen werden. Häufig werden auch besondere Informationsrechte zugunsten des Verkäufers vereinbart, mit denen er über die wirtschaftliche Situation der Darlehensnehmerin informiert bleibt.
Darüber hinaus sind aufsichtsrechtliche Vorgaben wie auch diverse zivilrechtliche Besonderheiten zu beachten. Insbesondere muss eine Reihe von Aspekten bei der Gestaltung beachtet werden, um eine Qualifikation der Darlehensvergabe als aufsichtspflichtiges Kreditgeschäft (§ 32 KWG) zu vermeiden.
Im Ergebnis ist daher immer eine maßgeschneiderte Anpassung an das jeweilige Projekt nötig. Achtet man auf einen Ausgleich der Interessen aller Beteiligten und ein sauberes Ineinandergreifen der Vertragsunterlagen, kann man mit dem Vendor Loan ein flexibles und wertvolles Finanzierungsinstrument gewinnen.