Environmental, Social, Governance (ESG) sind als Elemente einer von umfassender Nachhaltigkeit geprägten und auf langfristigen Erfolg ausgerichteten Unternehmensführung in aller Munde – wie schon unsere Kollegin Nele Bienert zum Auftakt unserer Blog-Serie ESG dargestellt hat.
So wie die Einhaltung von ESG-Standards immer bedeutender für eine erfolgreiche Unternehmensführung und Unternehmensreputation wird, können umgekehrt mit ihrer Nichteinhaltung Haftungsrisiken einhergehen. Bei M&A-Transaktionen erweitert sich damit für Unternehmenserwerber der Umfang der durchzuführenden Prüfung der Zielgesellschaft im Rahmen der sogenannten Due Diligence. Dies umso mehr, als Finanzinvestoren und Darlehensgeber bei ihren Entscheidungen immer größeren Wert auf die Einhaltung von ESG-Standards legen. Das kann insbesondere im von Finanzierungsrunden geprägten Start-up-Bereich, aber auch bei der Unternehmensnachfolge eine prägende Rolle spielen.
Die Due Diligence wird erweitert durch die ESG-Standards sowohl in den klassischen Arbeitsbereichen Commercial, Finance, Legal sowie Environmental als auch mittelfristig in und mit einem eigenen Prüfungsprogramm zum Thema ESG. Dessen Inhalte sollten eng zwischen dem Erwerber und seinen Beratern abgestimmt werden und sich am Gedanken der Wesentlichkeit orientieren.
Umgekehrt kann im Falle der externen Unternehmensnachfolge ein Verkäufer seine Optionen erweitern mit einer von ihm in Auftrag gegebenen Vendor Due Diligence zu ESG-relevanten Problemfeldern. Dadurch lassen sich die ESG-Compliance und somit die Attraktivität seines Unternehmens steigern.
Das klassische Arbeitspaket des Arbeitsbereichs Legal wird um ESG-Gesichtspunkte erweitert und noch enger mit den Spezialisten verzahnt, die die umweltrechtliche Due Diligence bei der Prüfung der Zielgesellschaft durchführen. Deshalb wird Legal sich intensiver unter anderem mit folgenden Themen befassen:
- Prüfung der Einhaltung aktueller nationaler und internationaler ESG-Gesetzesvorgaben
- Einhaltung der Transparenzvorgaben des Geldwäschegesetzes, auch in den Geschäftsbeziehungen zu Kunden und Lieferanten
- Einrichtung eines Hinweisgeberschutzsystems
- Arbeitsrecht:
- Einhaltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) oder des Entgelttransparenzgesetzes
- Umgang mit Diversity- und Inklusionsthemen etwa in Betriebsvereinbarungen
- Mitarbeiterfluktuation als möglicher Indikator von ESG-Problemen
- Einhaltung der Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes
- Einhaltung von Datenschutzvorschriften
Die beiden zuletzt aufgeführten Punkte illustrieren die Grenzen der Prüfung aufgrund der häufig limitierten Möglichkeiten intensiver Recherche:
- hinsichtlich der Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes etwa in Bezug auf Zulieferer des Zielunternehmens in Fernost oder
- hinsichtlich der Einhaltung von Datenschutzvorgaben etwa in Bezug auf die vorausgesetzten technisch-organisatorischen Maßnahmen gemäß Art. 24 und 28 der DSGVO
Die damit einhergehende Unsicherheit wird verstärkt durch sogenannte unbestimmte Rechtsbegriffe, die in der ESG-Regulierung häufig angewandt werden – etwa der Begriff der Angemessenheit, der sich im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz an 19 Stellen findet. Dieser Unsicherheit kann der Veräußerer im Vorfeld durch entsprechende Zertifizierungen seines Unternehmens entgegenwirken.
Schon während der Due Diligence ist unter Umständen der mit der Akquisition verbundene Projektplan in enger Abstimmung zwischen den Beteiligten weiterzuentwickeln. So kann es etwa notwendig werden, die Beurkundung oder den Vollzug des Unternehmenskaufvertrags unter die aufschiebende Bedingung zu stellen, dass Lieferanten Selbstverpflichtungen vorlegen müssen, ESG-Kriterien einzuhalten. Denkbar ist auch, dass die nach dem Vollzug beginnende Phase der Post Merger Integration angepasst werden muss. Dazu kann auch die Frage gehören, ob der Käufer mit der Akquisition ESG-bezogene Schwellenwerte überschreitet und fortan zusätzliche Sorgfalts- und Berichtspflichten einhalten muss.
Die Due Diligence-Prüfung mündet schließlich in einen entsprechenden Bericht, der die Haftungs- und Reputationsrisiken auch im Bereich ESG auflistet und ihren Einfluss auf die Kaufpreisfindung und die Vertragsgestaltung etwa hinsichtlich Garantien und Freistellungen darstellt.
Unsere Blog-Serie im Überblick: