Es gibt Trends, die scheinbar kaum aufzuhalten sind. ESG (Environment, Social & Governance) dürfte ein solcher Trend sein. Was sich dahinter verbirgt, hat meine Kollegin Nele Bienert vor Kurzem in einem anderen Blog-Beitrag erklärt. Daran anschließend hat Harald Evers in Teil 2 die Auswirkung von ESG auf Due-Diligence-Prozesse beleuchtet.

In Teil 3 unserer Blog-Serie geht es nun um weitere Berührungspunkte mit ESG im M&A-Prozess.

ESG-Fokus auch bei Small- und Midcap-Transaktionen im Mittelstand

Mittelständische Unternehmen unterfallen größenbedingt häufig noch nicht selbst den ESG-relevanten Gesetzen. So erreichen sie teilweise nicht die für das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) nötige Schwelle von 3.000 (ab 2024: 1.000, § 1 Abs. 1 S. 3 LkSG) Beschäftigten. Auch die Schwelle von 200 Beschäftigten für den Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) wird teilweise noch nicht erreicht (§ 12 Abs. 1 EntgTranspG). Wird ein mittelständisches Unternehmen verkauft, sind die strategischen Erwerber (häufig Wettbewerber) aber häufig deutlich umsatzstärker und bereits selbst verpflichtet, die ESG-relevanten Vorschriften einzuhalten, auch bei Tochtergesellschaften. Teilweise machen Banken ihre Zusage zu Akquisitionsfinanzierungen davon abhängig, ob die Zielgesellschaft gewisse ESG-Kriterien erfüllt. Auch fließt bereits Kapital in Milliardenhöhe in Investmentsfonds, die bewusst nur in Unternehmen investieren, die bestimmte ESG-Kriterien erfüllen (vgl. dazu SS&C Intralinks Survey "Temperature's rising - The growing importance of ESG to EMEA M&A"). Und letztlich: Die Einhaltung von gewissen Umwelt- und Sozialstandards wird immer mehr eine Frage der Reputation, auf die auch Käufer Wert legen.

ESG gewinnt Einfluss auf Unternehmenskaufverträge

Auf die Gestaltung des Unternehmenskaufvertrags werden ESG-Themen Einfluss nehmen. Zwar gab es schon bislang Regelungen in Kaufverträgen, die sich mit Umwelt-, Sozialstandards und der Einhaltung von Corporate-Governance-Vorschriften beschäftigten. Diese werden zukünftig aber noch detaillierter ausfallen. Außerdem gibt es bei ESG eine Besonderheit: Die ESG-relevanten Regelungen bestehen nicht nur aus harten Rechtsvorschriften (sog. Hard Law), wie etwa das deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Vielmehr werden unter ESG auch weiche Standards erfasst, die keinen Gesetzescharakter haben (sog. Soft Law). Hierzu zählen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – beispielsweise

- das Pariser Klimaschutzabkommen vom 12.12.2015;

- die UN Guiding Principles on Business and Human Rights;

- die ILO Core Labour Standards – sogenannte Kernarbeitsnormen, die unter anderem Kinderarbeit, Entgeltgleichheit und Zwangsarbeit adressieren;

- die Standards der Global Reporting Initiative, die Richtlinien für die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten von Unternehmen aufstellen.

Bei Unternehmenskaufverträgen kann es gerade im Mittelstand erforderlich werden, Regelungen aufzunehmen, wonach entweder noch vor oder auch nach Closing ESG-Pflichten nachgeholt werden (beispielsweise die nachträgliche Einholung von Selbstverpflichtungen durch Lieferanten auf bestimmte ESG-Kriterien).

Bei Garantien ist gegebenenfalls sorgfältig zu prüfen, ob der Verkäufer wirklich für die Einhaltung von Soft-Law-Vorschriften garantieren kann. Denn Soft-Law-Vorschriften sind häufig weit gefasst und schwer abgrenzbar. Auch kann es für Verkäufer schwierig werden, für die Beachtung von Vorschriften zu garantieren, zu deren Einhaltung das Zielunternehmen nicht rechtlich verpflichtet ist. Hier eine saubere Abgrenzung vorzunehmen, wird vermehrt Aufgabe der beratenden Anwälte sein.

Aus rechtlicher Sicht ist dabei anspruchsvoll, alle in Frage kommenden Rechtsvorschriften und Standards im Blick zu behalten. Außerdem ist ESG ein Querschnittsbereich, der verschiedene rechtliche Disziplinen erfordert. So ist häufig die Expertise im Gesellschaftsrecht (u.a. zu Corporate Governance), Arbeitsrecht (u.a. zu AGG-Fragen), Immobilienrecht und Wirtschaftsprüfung (etwa Nachhaltigkeitsberichtserstattung) erforderlich. Damit Mandanten am Ende ein konsistentes Produkt (beispielsweise einen ESG-Prüfungsbericht oder einen wasserdichten Garantiekatalog) erhalten, bedarf es einer engen Abstimmung zwischen den beteiligten Beratern.

Multidisziplinäre Kanzleien bei ESG im Vorteil

Multidisziplinäre Kanzleien wie MOOG, die Rechts-, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung aus einer Hand bieten, sind hier klar im Vorteil: Eine fachbereichsübergreifende ESG-Praxisgruppe kann das komplette Beratungsspektrum abdecken. So ist es möglich, im Rahmen einer M&A-Transaktion das Thema ESG schlank aus einem Haus zu prüfen und zu beraten.

Unsere Blog-Serie im Überblick:

Teil 1: ESG – was ist das eigentlich? (von Nele Bienert)

Teil 2: ESG und Due Diligence (von Harald Evers)

Teil 3: ESG bei Unternehmenskäufen im Mittelstand – multidisziplinäre Kanzleien im Vorteil