Was hinter der Abkürzung ESG steht, hat Nele Bienert im ersten Teil unserer Blog-Reihe erläutert. Die Auswirkungen auf Due Diligence sowie auf Unternehmenskäufe wurden in den Teilen 2 und 3 von meinen Kollegen Harald Evers und Dr. Tobias Moog dargestellt. Dieser Beitrag soll die in diesem Zusammenhang stehenden Berichtspflichten beleuchten und die Auswirkungen für Unternehmen darstellen.

Bestehende und zukünftige Regelungen

Lediglich einen kleinen Teil der deutschen Unternehmen betrafen bislang die bestehenden Regelungen zur Offenlegung im Rahmen der nichtfinanziellen Berichterstattung, die sich aus dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) von 2017 und der seit 1. Januar 2022 geltenden EU-Taxonomie-Verordnung ergeben. Das waren vor allem große kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Banken und Versicherungen.

Mit der EU-Verordnung, der „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD), die im November 2022 verabschiedet wurde und zum 5. Januar 2023 in Kraft getreten ist, wird sich der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen deutlich vergrößern. Zudem sieht die CSRD eine signifikante Ausweitung der zu berichtenden Sachverhalte vor, die in den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) definiert werden. In die ESRS sind auch die Vorgaben der EU-Taxonomie-Verordnung vollständig integriert. Die EU-Taxonomie definiert, welche Merkmale wirtschaftliche Aktivitäten aufweisen müssen, um als nachhaltig eingestuft zu werden. Anhand eines Klassifizierungssystems kann so beispielsweise bestimmt werden, wie hoch der taxonomiekonforme Anteil an Umsatzerlösen, Betriebsaufwand und Investitionsausgaben im jeweiligen Unternehmen ist.

Was ist das Ziel der CSRD?

Die neuen Regelungen sind ein Baustein, das Ziel der Klimaneutralität in der EU bis 2050 zu erreichen. Unternehmen müssen zukünftig über ihre ESG-Maßnahmen und -Leistungen informieren, damit Stakeholder die Risiken und Chancen im Zusammenhang mit ESG-Faktoren besser verstehen und ihre Entscheidungen entsprechend ausrichten können. Ohnehin fordern Verbraucher und die Gesellschaft immer stärker von Unternehmen, ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft offenzulegen und Verantwortung dafür zu übernehmen. Unternehmen selbst erkennen aber auch zunehmend den Mehrwert einer transparenten und umfassenden Berichterstattung über ihre ESG-Performance.

Wer ist wann von den Vorschriften betroffen?

Die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen wird durch die Einführung der CSRD enorm ansteigen. Die bisherigen Regelungen betrafen lediglich etwa 550 Unternehmen in Deutschland, künftig könnten 30.000 Unternehmen direkt betroffen sein. Der Zeitpunkt, ab wann sie berichtspflichtig sind, hängt dabei von ihrer Größe und Kapitalmarktorientierung ab:

- Kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sowie Banken und Versicherungen sind 2025 zur erstmaligen Berichterstattung über das Geschäftsjahr 2024 verpflichtet.

- 2026 müssen große Unternehmen über das Geschäftsjahr 2025 berichten. Als große Unternehmen gelten analog den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) Unternehmen, die zwei der folgenden drei - Kriterien überschreiten:

         - durchschnittlich 250 Mitarbeiter,
         - 20 Mio. Euro Bilanzsumme,
         - 40 Mio. Euro Umsatzerlöse.

- Börsennotierte KMU (ohne Kleinstunternehmen) müssen 2027 über das Geschäftsjahr 2026 Bericht erstatten.

Neben den unmittelbaren Berichtspflichten können sich auch mittelbare Berichtspflichten ergeben – und zwar für Unternehmen, die nicht die oben beschriebenen Grenzen überschreiten. Es ist damit zu rechnen, dass berichtspflichtige Banken, Versicherungen und andere Geschäftspartner von ihnen Informationen anfordern, etwa anhand jährlicher Formblätter.

Berichterstattung und Prüfung

Die genauen Inhalte der Berichterstattung sind sehr umfangreich, ihre Beschreibung würde den Rahmen dieses Blogs deutlich sprengen. Die Anforderungen beziehen sich jedoch nicht nur auf qualitative, sondern auch quantitative Aspekte (Anteil „grüner“ Umsatzerlöse, Investitionen und Betriebsausgaben). Die Berichterstattung wird im Lagebericht des Unternehmens erfolgen und ist von einem sach- und fachkundigen Prüfer zu beurteilen. Dies kann, muss aber nicht der Abschlussprüfer sein.

Was müssen Unternehmen jetzt tun?

Zunächst sollten Unternehmen klären, ob und inwieweit sie von den Vorschriften betroffen sind. Dazu zählt zum einen die Einordnung in die oben genannten Kategorien, zum anderen aber auch ein Blick in den aktuellen Kreis der bestehenden Stakeholder, aus dem sich die oben beschriebene mittelbare Betroffenheit ergeben könnte. Betroffene Unternehmen sollten sich ausführlich mit der Thematik beschäftigen. Zudem sollten sie möglichst bald eine unternehmensübergreifende Planung angehen und bestimmen, wer mit der Konzeption, Ausarbeitung und der anschließenden Implementierung des unternehmensspezifischen Nachhaltigkeitsmanagementssystems beauftragt wird.


Unsere Blog-Serie im Überblick:

Teil 1: ESG – was ist das eigentlich? (von Nele Bienert)

Teil 2: ESG und Due Diligence (von Harald Evers)

Teil 3: ESG bei Unternehmenskäufen im Mittelstand – multidisziplinäre Kanzleien im Vorteil (von Dr. Tobias Moog)

Teil 4: ESG und die Auswirkung auf die externe Berichterstattung (von Thomas Rogoll)